Samstag, 31. August 2013

Tour von Großmergthal nach Morgentau (Nordböhmen)


Es mangelt nicht an stillen Wegen und Ecken im Lausitzer Gebirge, die wenig begangen sind und trotzdem schöne Eindrücke hinterlassen. An heißen Sommertagen zum Beispiel setzt man sich ungern der Sonne aus und sucht nach schattigen Wegen und kühlen Gründen, vor allem, wenn diese nützlicherweise von Gewässern begleitet werden, in denen man auch mal Hände oder Füße abkühlen kann. Dazu paßt ganz gut die heutige Tour.

Wir starten in Großmergthal (Mařenice) und gehen hinüber nach Antoniental (Antonínovo Údolí). Hier treffen wir auf den Hammerbach (Hamerský potok), dessen Quellgebiet sich zwischen Finkenkoppe (Pěnkavčí vrch) und Lausche befindet und das Wasser des auslaufenden Tals sammelt. Bei Kleinmergtal (Mařeničky) vereinigt er sich mit dem Zwittebach (Svitavka), der wiederum, inzwischen zum stattlichen Fluß angewachsen, bei Brenn (Brenna) den Polzen speist. Die Wasserkraft nutzend, hat sich bereits seit dem Mittelalter entlang das Hammerbaches diverses Gewerbe angesiedelt, von dem heute nur noch Reste in Gestalt verfallener Wasserbauwerke erhalten geblieben sind und die man bei aufmerksamer Beobachtung noch erkennen kann. Einzig der Weiler Hammer (Hamr) ist mit einigen Häusern erhalten geblieben und erscheint heute wieder als beschauliche Sommerfrische. Eine Einkehrmöglichkeit gibt es hier unterdessen auch wieder. Ein technischer Lehrpfad durch dieses Tal wäre sicher sein Geld wert.

Im oberen Lauf des Hammerbaches am Fuße des Dürrberges (Suchý vrch) wurde in den 30-er Jahren des vorigen Jahrhunderts ein Stauwerk errichtet, welches das Wasser zum Antrieb der Mühle und Brettmühle in Hammer reguliert. Abgehärtete sah man hier schon baden, das Wasser ist garantiert frisch...

Wir wandern immer weiter talaufwärts, lassen heute die Eishöhle links liegen, umrunden den Friedrichberg und steigen auf Nebenwegen an der Flanke des Hengstberges (Kobyla) hinab zum Friedrichbach (Rousínovský potok), dessen torfhaltiges Wasser friedlich durch den Wald gen Morgentau (Rousinov) abfließt. An dem Bachlauf herrscht eine idyllische Stimmung.

Ich hatte eingangs erwähnt, dass heute ein heißer Tag und der Bedarf an Flüssigkeit hoch ist. Man kennt das Gefühl, wunderbar in einem Mundartgedicht ausgedrückt

De Sunne braajglt, Gutt derboarm,
an Rucksaak is is Woasser woarm,
de Mickn wulln is Blutt oaazoappm,
de Klunkern uff´m Lader poappm,
benn Loofm gitt dr Odn aus,
de Zunge hängt zun Hoalse raus,
de Zinn sein bluttch, de Fisse stinkn,
´s wird hichste Zeit, a Bier zu trinkn.

(Katin Renger, Neueibau; SZ vom 31.08.2013)

Die einzige Gaststätte in Morgentau, die uns schon durch eine gute Küche bekannt war, wurde restauriert, so daß man gern hier einkehrt. Gestärkt treten wir den Rückweg an, der uns zunächst über die Ruine Mühlstein (Milštejn) zum Glasertberg (Travnik) führt, der auf seiner Ostflanke in den Knespelberg (Knespelův vrch) ausläuft. Die Aussicht vom Knespelberg, welche vom Plissenberg (Plešivec) bis zu den Schwojkaer Bergen reicht, nötigt uns zum Verweilen, bevor wir über den markanten Rabenstein (Křížová věž) hinunter nach Hoffnung gelangen. Bis zum Ausgangspunkt in Großmergthal ist es dann nicht mehr weit.

Am Parkplatz bei der Heiligengruppe um den Nepomuk herum fällt dann mein Blick noch auf ein etwas schmuckloses Gebäude, an dem allerlei Schilder prangen. Da machen von sich Reden: die Tschechische Versicherungsgesellschaft, eine Ortsbibliothek, das Bürgermeisteramt, das Postamt (!) und die Postbank. Kurz zur Erinnerung: Großmergthal hatte am 01.01.2013 (nach Wikipedia) ganze 353 Einwohner. Nebenbei gesagt sind solche Dienstleistungen auch in anderen Nachbarländern wie Frankreich, Italien, Österreich, eine Selbstverständlichkeit. Man traut es sich kaum zu denken, aber kann es vielleicht sein, daß die Gelassenheit und die scheinbar größere Zufriedenheit der Bürger in diesen Ländern unter Umständen damit zu tun hat, daß sie sich in ihrem Gemeinwesen besser umsorgt fühlen ?



Der Hammerbach bringt torfhaltiges Wasser aus dem Gebirge





Stausee am Hammerbach


Stauwerk am Hammerbach


Das gelbe Hain-Greiskraut bringt sommerliche Farbe in die Landschaft


Friedlich strömt der Friedrichsbach auf Morgentau zu







Blick von der Aussicht am Knespelberg auf Hochwald, Schloßberg (Zámecký vrch), Falkenburg (Sokol) und Limberg(Jezevčí vrch). Im Hintergrund der Jeschkenkamm


Kreuz am Gipfel des Knespelberg


Blick von der Aussicht am Knespelberg auf Grünberg (Grünberg) und Urteilsberg (Ortel), bei guter Sicht erscheint auch der Roll


Der Rabenstein



Spätsommerliche Landschaft vor der Kulisse des Limberg


Kapelle auf dem Kalvarienberg nebst Limberg


Kirche St. Maria Magdalena in Großmergthal


Was es nicht alles gibt!

www.wincontact32.de

Freitag, 30. August 2013

Auf dem Kalvarienberg von Kessel (Kotel) bei Oschitz in Nordböhmen


Diesmal wollten wir nicht die geologische Attraktion der Gegend zwischen Oschitz und Böhmisch Aicha - die berühmte "Teufelsmauer" besuchen, sondern einen Abstecher auf den Kalvarienberg von Kessel (Kotel) machen. Auf der Karte sind die Kreuzwegstationen und die Grabeskapelle deutlich eingezeichnet. Nur der "Kalvarienweg" ist nur noch in Bruchstücken auffindbar. 


Also begannen wir uns querfeldein durch das Gestrüpp zum Bergkamm vorzuarbeiten, in der Hoffnung, auf diese Weise den Weg zu erreichen. Und da stand sie unversehens vor uns, eine Kreuzwegstation... Und so ähnlich muß es Stephens und Catherwood ergangen sein, als sie vor fast 200 Jahren auf einmal inmitten des hondurianischen Urwalds vor der Stele von Copan standen...


Das hatten wir nicht erwartet. Was gerade einmal 60 Jahre ausmachen, wenn sich niemand mehr für das interessiert, was davor noch für die Menschen  der Gegend lieb und wichtig war. Man kann sich nur noch vorstellen, wie sie an hohen kirchlichen Feiertagen, in ihrer Landestracht herausgeputzt, ihren Weg entlang der Kreuzwegstationen zur Grabeskapelle auf dem Gipfel nahmen, um der feierlichen Predigt ihres Pfarrers zu lauschen. Diese Tradition ist mit ihrer Vertreibung abrupt zu Ende gegangen. Die Menschen, die in den verlassenen Dörfern ihre Stelle einnahmen, hatten keine Beziehung mehr zu den sakralen Bauten der Gegend und auch die Politik zeigte wenig Interesse daran. Aber - wie man allerorten in Nordböhmen beobachten kann - ändert sich das langsam. Die jungen Leute, deren Heimat nun die ehemaligen deutschen Siedlungsgebiete geworden sind, beginnen sich für die Menschen, die lange vor ihnen hier lebten und die Kulturlandschaft prägten, zu interessieren. Und das ist gut so. So wurden z.B. im böhmischen Niederland viele christliche Denkmale und ehemalige Wallfahrtsorte wieder instand gesetzt - und das sicherlich nicht nur, um den Touristen zu gefallen... 



Der Hohlweg parallel zu den Kreuzwegstationen ist mittlerweile urwaldartig zugewachsen und nicht mehr passierbar...


Und auch von den Tafeln, die einst den Leidensweg Christi darstellten, ist nichts mehr vorhanden. Man findet lediglich noch den Namen der Person, die damals wahrscheinlich die Station gestiftet hat. Das ist aber nur eine Vermutung. Trotz einer ausführlichen Recherche konnte ich leider nichts, aber auch gar nichts über den Kalvarienweg von Kessel in Erfahrung bringen ... 






Von der grob gemauerten Grabeskapelle ist nur noch eine Ruine vorhanden. Sie scheint endgültig vergessen zu sein, denn nicht mal eine ansonsten obligate offene Feuerstelle, wie man sie gewöhnlich an derartigen Orten in Böhmen findet, ist auszumachen. Wie mag sie wohl einmal ausgesehen haben?




www.wincontact32.de


Dienstag, 27. August 2013

Zur Tafelfichte (Smrk) und zum Käuligen Berg (Klínový vrch)

Ein Gastbeitrag von Björn Ehrlich, Zittau-Hörnitz

'Die Tafelfichte', schrieb Gottlieb Korschelt (1818-1901),' ist der höchste Punkt des Isergebirges (1123 m). Bisher wurde sie nur selten besucht und in Reisehandbüchern nur kurz erwähnt, weil es an Wegen mangelte und die Wege oft sumpfig waren. In Ermangelung eines Aussichtsturmes lohnte sich der Aufstieg kaum, da der breite Rücken des Berges ganz mit Nadelbäumen bedeckt war. Selten fand sich ein zuverlässiger Führer vor'.

Im Sommer 1892 wurde ein hölzerner Aussichtsturm errichtet und so weiß Korschelt hinzuzufügen 'Die Aussicht, welche man vom Turme genießt, ist großartig und prachtvoll, sie ist unstreitig eine der schönsten Mitteldeutschlands (das war einmal). Man überblickt einen großen Teil Sachsens, Schlesiens und Böhmens sowie das Riesen- und Isergebirge.'

Von Korschelt lernen wir ferner, daß der Weg zur Tafelfichte ohne Führer mangels hinreichender Wegmarkierung nicht empfehlenswert ist.

Einiges hat sich im Laufe der Zeit grundlegend geändert. Der Berg wird heute mit 1124 m vermessen und ist nach dem Hinterberg mit 1126m nur die zweithöchste Erhebung des Isergebirges. Auch bald nach Korselts Besuch wurde die während der Errichtung des Aussichtsturmes dienende Bauunterkunft in eine Bergbaude verwandelt und 1932 bedeutend vergrößert. Nach dem Krieg wurde sie, wie viele andere Bauden, ausgeraubt und in Brand gesteckt, mit ihr auch der Turm. Seit 2003 ziert eine neue Stahlkonstruktion den Gipfel mit einer kleinen Schutzhütte, die insbesondere im Winter dem Wanderer / Skiläufer einen willkommenen Unterschlupf für eine kurze Pause gewährt, denn die Temperaturen können hier arktisch kalt sein.

Die Erreichbarkeit zu Fuß, per Ski oder per Mountainbike ist heute kein Problem, sofern man über die Kondition verfügt. Wir wählen für den Aufstieg den Weg parallel zur polnischen Grenze. Je mehr man an Höhe gewinnt, um so lohnenswerter ist der Blick zurück in die Schlesische Ebene. Der blaue Himmel kontrastiert an diesem Tag wunderbar gegen die reifen Vogelbeeren und das Hain-Greiskraut. Bevor wir uns dem Gipfel zuwenden, steigen wir unmittelbar an der polnischen Grenze nochmals kurz ab zum Tafelstein. Bis 1815 trafen hier die Grenzen der Oberlausitz, Böhmens und Schlesiens aufeinander. Die hier befindliche Bank ist ideal für die verdiente Pause, denn die Rast wird durch einen wunderbaren Blick ins Schlesische verschönt. Außerdem genießt man die Ruhe, während am Gipfel zu unserem großen Erstaunen ein Andrang aus Wanderern und Fahrradfahrern herrscht, und das an einem Donnerstag! Unternehmerischer Mut wird belohnt, denn ein Kiosk-Betreiber verkauft hier vom Bier bis zum warmen Würstchen alles, was des dürstenden Wanderers Herz begehrt. Im Winter habe ich das noch nicht erlebt.

Für den Rückweg nach Bad Liebwerda (Lázně Libverda) haben wir uns die Route über den Käuligen Berg ausgesucht.  Die weithin sichtbaren Felsen am Käuligen Berg scheinen das Tal zu bewachen. Auf der Fahrt von Oberweißbach (Bílý Potok) zum Wittighaus (Smědava) treten sie auf der linken Seite der Schlucht drohend hervor. Die Felsen des Paličník wurden 1902 durch den Österreichischen Riesengebirgsverein aus Görlitz (!) zugänglich gemacht. Der Ausblick von hier ist, wie man es vermuten darf: phänomenal. Begrifflich ist hier mit Blick auf die alten deutschen Bezeichnungen für mich aber einiges diffus. Sowohl Paličník und Klinovy vrch werden als Käuliger Berg bezeichnet, Kauschka spricht auch vom Raubschützenfelsen und meint damit die Pytlácká skála, nicht zu verwechseln mit den Pytlácké kameny am mittleren Isergebirgskamm. Pytlák bedeutet im Tschechischen Wilderer und davon gab es im Isergebirge zu früheren Zeiten eben eine ganze Menge und somit scheinbar auch namensverwandte Felsen. Abgrenzend ist für mich ganz privat der Paličník künftig das Weißbacher Köpfl, denn so nennt sich der Fels, der sich unmittelbar an den Paličník anlehnt.

Der Abstieg durch das wildromantische Tal des Hegebach (Hájený potok) rundet die Wanderung ab. Besser als Kauschka kann man die Stimmung am Käuligen Berge nicht beschreiben: 'An seinen Flanken brausen zwei der schönsten Gebirgsbäche herab, im Süden die dunklere Wittig, im Norden der hellere Hegebach, und zwischen beiden thront er hoch mit wundervollem Walde. Sein stark gekrümmter Rücken springt steil von Weißbachs letzten Wiesen auf und wölbt sich dann weit hinein fast bis zu den innersten Mooren des Gebirges. Seine riesigen geländertragenden Gipfelklötze schauen nach Norden zur großen Rundung der Tafelfichte und gegen Süden zur übergewaltigen dunklen Kuppel des Wittigberges, wo die wasserüberronnenen Felsen in der Sonne glänzen....'



Aufstieg zur Tafelfichte, unterhalb niederschlesisches Land


Blick von der Bank am Tafelstein


Plakette am Tafelstein


Auch Theodor Körner besuchte die Tafelfichte


Blick vom Turm in östliche Richtung


… und zum Riesengebirge im Winter


Aussichtsplattform auf dem Turm


Nicht jeder kann die letzten Meter im Sattel zurücklegen


Konrad sorgt für die Verpflegung auf der Tafelfichte


Auf der Tafelfichte ist an alles gedacht


Der Abstieg erfolgt über die Himmelsleiter


Unterhalb der Tafelfichte entspringt die Iser (Jizerka)




Der Aussichtsfelsen Paličník


Die Ebereschen sind reif


Blick über den Käuligen Berg


Blick vom Paličník über Haindorf (Hejnice)


Abstieg entlang des Hegebach





Jenseits des  Wittigtales ragen die Felsen die Friedländer Zinne auf


Vorgebirge bei Bad Liebwerda


www.wincontact32.de

Blogverzeichnis - Blog Verzeichnis bloggerei.de Interessante Blogs Blog-Webkatalog.de - das Blogverzeichnis